Social Media in Krisenzeiten sinnvoll nutzen

Interview mit Lars Kroll, CEO der SO.real GmbH

Jeden Tag ändert sich momentan die Nachrichtenlage, Prozesse müssen angepasst und Zielgruppen informiert werden. Was rätst Du Unternehmen in Krisenzeiten für ihr Social-Media-Management?

Kommuniziert ein Unternehmen regelmäßig über soziale Kanäle, basiert die Kommunikation meist auf einem Redaktionsplan, dieser sollte angepasst werden, Themen verschoben und Platz für aktuelle Informationen lassen. Wichtig ist dabei, den Themenkreis abzustecken: Informiere ich über Änderungen, die mein Unternehmen betreffen, oder auch darüber hinaus? Die Planung muss zu meinem Unternehmen und den Kanälen passen. Über welche Kanäle informiere ich? Wer ist meine Zielgruppe, hat sich diese verändert? Nutze ich Facebook & Co. auch als Informationsplattform für meine Mitarbeiter, oder kommuniziere ich dazu lieber intern auf persönlicher Ebene? Darüber hinaus müssen Guidelines formuliert und Zuständigkeiten geklärt werden. Bei einem sensiblen Thema, das viele Menschen betrifft, ist das A und O, zeitnah und korrekt auf Reaktionen und Kommentare aus der Community zu reagieren. Sind dafür ausreichend Ressourcen im Social-Media-Team angesetzt?

Was sind Deine Tipps, wie Unternehmen Social Media aktuell sinnvoll nutzen können?

Wenn im ersten Schritt Prozesse und Zuständigkeiten geklärt und Themen angepasst sind, sollten Social-Media-Manager überlegen, welche Inhalte jetzt relevant sind, wie diese kreativ umgesetzt werden können und ob das Unternehmen mal etwas Neues wagen möchte. Die Message sollte nun dabei sein „Wir halten zusammen und unterstützen die, die Hilfe brauchen“. So können sich mittelständische Unternehmen in ihrer Region engagieren und ihre Unterstützung für Risikogruppen anbieten. Eine andere Möglichkeit ist es, sich mit seinem Wettbewerber zusammenzutun oder branchenübergreifend ein Projekt auf die Beine zu stellen. Das zeigt die Kampagne #rosinenbrummi von den Berliner Verkehrsbetrieben BVG und der Supermarktkette Edeka. Auch ohne großes Werbebudget lässt sich Zusammenhalt online demonstrieren. So zeigt die Kinderturnstiftung BW Übungen für zu Hause und postet die eingesendeten Bilder und Videos. Jetzt ist zudem ein guter Zeitpunkt, um neue Formate, Tools und Kanäle auszuprobieren, wie z. B. die Videoplattform TikTok. Oder die Social-Media-Kommunikation um Online-Marketing zu ergänzen. Kleiner Hinweis: Die Kosten pro Klick (CPC) für Social Ads sind grade verhältnismäßig günstig. Hier jetzt mehr investieren und das Budget für teuere Out-of-Home-Werbung sparen. Die erreicht zurzeit sowieso niemanden.

Die Ideen sind gut, doch wie sollte man online kommunizieren, wenn ein Unternehmen in Schieflage gerät und selbst in der Krise steckt?

In einem konkreten Krisenfall, z. B. bei einem Produktrückruf, bei der Entlassung von Mitarbeitern oder einem drohenden Insolvenzverfahren, ist die Basis – ob online oder offline, intern oder extern – authentische Kommunikation. Die betroffenen Zielgruppen erwarten klare, ehrliche und schnelle Antworten und Handlungsanweisungen. Dafür ist es sinnvoll, bereits präventiv Guidelines, Formulierungen und einen Notfallplan vorzubereiten und im Krisenfall Stück für Stück durchzugehen. Ein großer Vorteil ist außerdem, wenn ich als Unternehmen eine Community hinter mir habe, die auch in einem Krisenfall zu mir und meiner Marke steht. Dabei ist es wichtig, Vertrauen und eine persönliche Beziehung zu meinen Followern aufzubauen. Das gelingt mir, indem ich freundlich und sachlich auf Kommentare reagiere, einen Mehrwert biete, meine Fans kenne und sie regelmäßig z. B. über Gewinnspiele mit einbeziehe.

Einige mittelständische Unternehmen sind weniger aktiv auf Social Media, u. a. aus Angst vor Hasskommentaren oder einem Shitstorm. Sind die Bedenken begründet und wie reagiert man, sollte es dazu kommen?

Diese Frage bekomme ich auch oft von meinen Kunden gestellt und kann sie dann schnell beruhigen. Bis es zu einem Shitstorm kommt, müssen einige Punkte zusammenkommen: ein Auslöser z. B. ein Produktfehler, eine große Anzahl an Follower, die das Thema viral gehen lassen, und kein Community Management. Jeder macht mal Fehler. Solange darüber offen und transparent kommuniziert wird, ist die Wahrscheinlichkeit eines viralen Shitstorms gering. Menschen, die sich im Internet über etwas aufregen, wird es immer geben. Job des Social-Media-Managers ist es, diese einzufangen und das Problem auf persönlicher Ebene aus der Welt zu schaffen.

Ob Krise oder nicht, was empfiehlst du für eine gute und nachhaltige Kommunikation über die sozialen Medien?

Be social. Ich glaube, je mehr wir die Kanäle nutzen, desto mehr müssen wir uns wieder auf die Menschen fokussieren, die sie nutzen. Ihnen einen Mehrwert bieten, ehrlich und authentisch kommunizieren und Geschichten erzählen, die mitreißen und begeistern. Auf die Wünsche und Ideen unserer Follower eingehen und zusammen etwas gestalten. Wir leben in einer Zeit, in der sich viel verändert, Unternehmen transformieren sich und werden immer digitaler. Davor haben viele Menschen Angst oder fühlen sich nicht abgeholt, dabei ist Kommunikation ein zentraler Erfolgsfaktor.

 

Über Lars Kroll

Lars Kroll begleitet seit zehn Jahren Unternehmen und Organisationen bei digitalen Transformationsprozessen, managt dabei Social-Media-Kanäle und das Online-Marketing, hält Vorträge und Workshops. Er ist Geschäftsführer und Gründer der SO.real GmbH, die sich zum Ziel gesetzt hat, nachhaltige und authentische Beziehungen zwischen Menschen und Unternehmen aufzubauen und sie bei der digitalen Transformation zu begleiten.

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